德语故事:Lene Teil I: Harveys Mütze(2)
分类: 德语
时间: 2023-10-27 19:20:48
作者: 全国等级考试资料网
HarveyDie Großmutter macht Kakao. Dann setzt sie sich mit Lene wieder auf das Sofa. Nur sie beide. Hier oben haben sie noch nie zusammen gesessen. "Harvey war ein ganz junger amerikanischer Soldat, Lene. Er wohnte damals mit seinen Kameraden für ein paar Wochen hier im Dorf. Ich war noch sehr jung, weißt du, vielleicht sechzehn. Wir haben uns bei der Kirmes kennen gelernt." Die Großmutter zieht das Foto mit der schönen jungen Frau im eleganten Abendkleid aus dem Stapel heraus und gibt es Lene. "Das bin ich.""Wie eine Prinzessin!", staunt Lene. Die Großmutter erzählt weiter: "Wir sind dann manchmal miteinander spazieren gegangen, heimlich, denn eigentlich hat sich das für ein junges Mädchen nicht gehört, so einfach mit einem amerikanischen Soldaten herumzulaufen. Er konnte ein bisschen deutsch sprechen und hat mir die wildesten Geschichten erzählt." Die Großmutter hält kurz inne, als ob sie sich an etwas erinnert. Dann fragt sie: "Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?" Lene nickt aufgeregt und verspricht: "Ehrenwort!". Die Großmutter macht ein feierliches Gesicht. Dann sagt sie: "Weißt du, Harvey konnte Dinge hören und sehen, die kein anderer hören oder sehen konnte." Was sollte das nun wieder heißen? Lene zieht die Stirn kraus. "War er verrückt?", will sie wissen. Die Großmutter lacht: "Ja Lene, ein bisschen verrückt war er schon.""Hast du auch ein Foto von ihm?" Lene wird mit jedem Satz neugieriger auf diesen Harvey. "Nein", sagt die Großmutter traurig. "Nach ein paar Wochen sind sie weitergefahren, er und seine Kameraden. Er kam eines Morgens angerannt und sagte, dass er gehen müsste. Einfach so. Dann hat er mir die Fliegermütze gegeben. Er hat gesagt, ich soll sie aufsetzen, wenn ich die Welt ein bisschen anders sehen will. Dann ist er gegangen." Wieder verliert sich ihr Blick in der Ferne. "Ich habe keine Ahnung gehabt, was er damit gemeint hat. Ich war einfach nur traurig." Lene muss an Franziska denken. "Franziska ist gestern auch einfach weggegangen", erzählt Lene. Sie weiß nicht, ob ihr die Großmutter überhaupt richtig zuhört. "Sie hat nicht mal gesagt, wann sie wiederkommt!" Der Trauerkloß in Lenes Hals fängt wieder an zu wachsen. Ihre Mundwinkel zucken. Lene und die Großmutter gucken nun beide für eine Weile stumm aus dem Fenster. Es ist still. Der Vater muss mit dem Rasen fertig sein. Da stupst die Großmutter Lene von der Seite an. Sie hält ihr die Mütze und die Brille entgegen und sagt aufmunternd: "Das kannst du haben bis Franziska wieder da ist, Lene. Aber sei vorsichtig, wenn du sie aufsetzt; damit können dir seltsame Dinge passieren. Schön, aber seltsam." Lene nimmt Mütze und Brille ehrfurchtsvoll an sich. Noch bevor sie etwas erwidern kann, ruft der Vater von unten: "Lene, es ist Zeit, wir wollen nach Hause zum Essen!" Lene ist hin- und her gerissen. Sie möchte noch so vieles fragen. "Na geh schon", sagt die Großmutter lächelnd, "Geschichten laufen nicht weg." Wir reden ein anderes Mal weiter." Lene schmiegt sich kurz an das faltige Gesicht der Großmutter und flüstert ihr ein Dankeschön ins Ohr.Als Lene aus der Tür tritt, fühlt sich der Tag anders an als zuvor. Die Sonne scheint zwar immer noch. Der Himmel ist so blau wie am Morgen. Aber Lene ist so aufgeregt als stünde Weihnachten vor der Tür. "Was ist denn mit dir passiert? Du hast ja ganz rote Backen." Der Vater schaut sie an und wischt sich dabei den Schweiß von der Stirn. Lene will ihm schon von Harvey und der Mütze erzählen. Aber dann fällt ihr ein, dass das ja ein Geheimnis zwischen ihr und der Großmutter ist. "Och nichts", meint Lene "die Großmutter hat einen Kakao gekocht und von früher erzählt." Der Vater nickt. "Das macht sie gern. Aber schau dir doch mal den Garten an", sagt er stolz, "alles schön kurz, jetzt können wir wieder den ganzen Theo sehen." Wie zur Bestätigung kommt der Dackel um die Ecke gerannt. "Lass uns gehen. Die Mutter wird böse, wenn ihr die Kartoffeln kalt werden." Lene drückt das kleine Päckchen unter ihrem Arm fest an sich. Dann marschiert sie hinter dem Vater zum Gartentor. Theo tappt friedlich neben ihr her. Bevor sie das Tor hinter sich schließt, krault Lene Theo noch einmal hinterm Ohr. Der Vater schließt das Auto auf. Sie flüstert: "Machs gut Theo." Das macht sie immer so. Doch als sie sich umdrehen will, hört sie eine dunkle Stimme. Die Stimme kommt ganz deutlich von Theo. Theo sagt: "Ciao Lene!"