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德语故事:Klaras Poesiealbum

分类: 德语  时间: 2023-03-05 10:55:32  作者: 全国等级考试资料网 
"Was machst du denn da mit deinem neuen Poesiealbum mein Kind?", fragte die Mutter ihre Tochter Klara, die dabei war, mit ihrem Tintentod-Stift einige mit blauer Tinte in ihr Poesiealbum geschriebene Namen zu entfernen. "Ich mache nur einige Namen weg von ein paar Schülerinnen aus der Schule mit denen ich mich gerade verkracht habe und an die ich im Moment nicht mehr erinnert werden möchte, Mama", erklärte Klara ihrer Mutter, die sich über ihre Tochter beugte und ihr interessiert dabei zusah, wie sie einen Namen nach dem anderen fein säuberlich mit dem Stift aus ihrem in rotes Leder eingebundenen Album entfernte."Aber die Stephanie, Sarah und Nicole waren doch vor ein paar Wochen noch auf deinem Geburtstag bei uns zu Hause, mein Kind. Was hast du denn nur so plötzlich gegen die netten Mädchen einzuwenden", fragte nun die Mutter mit ihrem üblichen Lächeln und einem besonders verständnislosen Tonfall in der Stimme, der auf ihre Tochter wenig überzeugend wirkte, sondern sie in einen inneren Aufruhr versetzte, der sich sofort Luft zu machen versuchte."Die Stephanie ist eine alte Petze, die immer gleich mit allem zur Lehrerin läuft und die anderen, die ihr nicht passen, hinterm Rücken anschwärzt, die Sarah will immer in allen Dingen jedem überlegen sein und alles besser wissen, und die Nicole kann nichts anderes als angeben mit ihren neuen Jeans und Pullis, die sie von ihrer Mutter aus deren Boutique geschenkt bekommen hat und in denen irgend so ein französisches oder italienisches Modeetikett steht. Das sollen noch meine Freundinnen sein, da kann ich gut drauf verzichten, wenn ich ehrlich bin Mama. Da suche ich mir lieber wieder ein paar neue Freundinnen aus meiner Klasse oder der Parallelklasse, die netter sind und mit denen man besser auskommen kann." "Aber mein Kind", erwiderte nun die Mutter ihrer Tochter, "denkst du denn, dass du immer alles richtig machst und in allem fehlerlos bist? Vielleicht regen sich die anderen auch ab und zu über dich auf und trotzdem kündigen sie dir nicht gleich die Freundschaft und streichen dich aus ihren Poesiealben." "Ja, Mama, das habe ich mir auch schon überlegt", meinte nun Klara, "aber was zu weit geht, geht zu weit, und ich habe wirklich schon oft genug beide Augen zugedrückt, das kannst du mir glauben.""Komm doch mal her", sprach nun die Mutter behutsam zu ihrer kleinen Tochter, die gerade erst vor ein paar Wochen mit der zweiten Klasse in der Hauptschule begonnen hatte und nahm ihr Mädchen dabei zärtlich in beide Arme, so dass sich dieses fast wie erdrückt vorkam und sich zunächst an die übergroße Nähe der Mutter gewöhnen musste, von deren Vormacht und Bevormundung sie sich auch gerne manchmal befreit hätte. Denn sie war ja auch kein kleines Baby mehr, das ständig den nahen Kontakt zu einer Bezugsperson suchte und immer gleich am Schreien war, wenn sich die Mutter mal für einen Augenblick lang nicht in erreichbarer Nähe aufhielt. So schob sie die Mutter so unauffällig wie möglich sanft ein paar Zentimeter weit von sich, weil diese nichts davon merken sollte, wie unangenehm einem so "großen Mädel" wie ihr die allzu große Nähe zu einer erwachsenen Person schon war, bevor diese mit ihrem ersten Satz begann."Sieh mal, mein Kind", meinte nun ihre fürsorgliche Mutter mit einer gütigen und vertrauensvollen Stimme, die auch sofort die Seele ihrer kleinen Tochter erreichte und sanft in ihrer Tiefe berührte, "als ich noch klein war, so wie du heute, es muss wohl gegen Anfang der sechziger oder Ende der fünfziger Jahre gewesen sein, hatte ich auch so ein schönes Poesiealbum. Es muss irgendwann bei einem Umzug vom Dorf in die Kleinstadt verloren gegangen sein, aber ich habe das Buch damals immer wie meinen Augapfel gehütet, weißt du. Eines Tages, es war im Sommer als gerade die großen Ferien begannen, fuhren drei meiner Klassenkameradinnen mit irgendeiner Gruppe von der Kirche ans Meer und haben ganz schön damit angegeben. Ich glaube es war die Insel Norderney oder Amrum, wo sie zwei Wochen in einem wunderschönen Heim verbrachten. Ich durfte damals nicht mitfahren, weil meine Mama und mein Papa nicht so viel Geld aufbringen konnten, um die Reisekosten zu bezahlen und musste deshalb die ganzen Ferien zu Hause bleiben. Ich weiß noch, wie ich meine drei Freundinnen damals hasste, die Gerda, Anita und die Rosi. Ich wollte sie deshalb auch aus meinem Poesiealbum entfernen, wo sie schon drin standen, aber es gab "Gott-sei-Dank" bei uns noch keinen Tintentod, und so habe ich es mir noch einmal überlegt. Ein Jahr später hatte ich die ganze Sache schon wieder vergessen, und heute zählen nur noch die schönen Erinnerungen an die gute alte Zeit, denn an das schlechte von damals erinnere ich mich jetzt nicht mehr. Und wenn, dann nur auf eine sehr angenehme Art und Weise, die mich alle Dinge von früher in einem anderen Licht sehen lässt, so als wäre es die glücklichste Zeit meines Lebens gewesen, was sie sicherlich auch war, trotz aller Armut und Bescheidenheit in der meine Eltern und ich wohl noch lebten. Und Gerda, Anita und Rosi sind auch heute noch meine dicksten Freundinnen, und wir verbringen noch viele angenehme und aufregende Stunden miteinander und schwärmen von glücklichen gemeinsam verbrachten Jugendtagen. Ja, das ist eigentlich schon meine ganze Geschichte, die ich dir erzählen wollte, mein Kind. Jetzt ist es an dir selbst zu entscheiden, ob du deine drei Freundinnen aus deinem Album streichen willst oder es dir noch einmal überlegst."

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