德语故事:SternLicht VII
Nur noch wenige Schritte bis zum Felsen. Zauberlehrling Petrusylius Fackelmann hat Angst.
Unterwürfig nähert er sich dem Mann, der auf einem Felsbrocken vor der Höhle sitzt. Aus halbgeschlossenen Augen betrachtet Magissimus, größter und schrecklichster Zauberer im Märchenland, seinen zitternden Lehrling.
"Nun, Dummkopf. Ich sehe es dir an. Du hast nichts erreicht!"
Petrusylius traut sich nicht, seinem Meister in die böse funkelnden Augen zu schauen. Mit hängenden Schultern steht der Junge da. Er will keinen Schritt weiter gehen. Doch Magissimus befiehlt ihm, näher zu kommen.
"Was bist du nur für ein armseliges Würstchen! Und du willst einmal ein großer Magier werden? Dass ich nicht lache! Freundlichkeit! Lass es uns mit Freundlichkeit versuchen, hast du vorgeschlagen. Und was ist dabei heraus gekommen?"
Freundlichkeit. Eine Vokabel, die im Wortschatz des Alten keinen Platz hat.
Unaufhörlich stößt Magissimus mit seinem knochigen, langen Zeigefinger gegen Petrusylius’ Brustkorb. Tief bohrt sich der spitze Nagel in das Fleisch. Der Alte übersieht den Schmerz des Jungen und sagt mit hasserfüllter Stimme: "Nichts hast du erfahren! Hoffentlich hast du es nun begriffen! Nett zu sein bringt gar nichts. Verschwendete Energie an ein starrsinniges Elfenvolk hilft uns nicht weiter. Diese winzigen Dinger kann man nur durch Angst und Schrecken gefügig machen! Nur dann werden sie uns zu dem Feen-Gold führen! Ich muss das Gold besitzen! So werde ich zum Herrscher über alle Märchenländer der Welt!"
Petrusylius spricht sich Mut zu: "Vielleicht habe ich Glück. Vielleicht straft mich der Alte heute nicht. Bitte! Noch eine Woche in der Tropfsteinhöhle halte ich nicht aus! Ach, warum haben mich die Eltern zu diesem Meister geschickt? Wussten sie denn nicht, wie böse Magissimus ist?"
Wahrhaftig! Der Zauberlehrling entgeht der Strafe. Aber nur, weil die Goldgier Magissimus’ Gedanken lenkt.
Mit einem Ruck steht der Alte auf. Grob stößt er Petrusylius vor sich her und befiehlt: "Los! Ab in die Höhle! Bis heute Abend hast du sie blitz-blank geputzt! Danach sammelst du die Elfen ein und sperrst sie in ihren Verschlag. Nimm Ploto, den Beißer, mit. Vor ihm haben die kleinen Dinger herrliche Angst. Und vergiss nicht! Auch heute bekommen die verstockten Biester nur eine Unze Blütenstaub. Und wenn wieder eine Elfe fehlt, kannst du etwas erleben! Ein Tag oder eine Woche Tropfsteinhöhle ist nichts im Vergleich zu der Strafe, die du dann bekommen wirst! Glaube mir! Über diese Züchtigung werden die Leute noch in hundert Jahren reden!"
Magissimus, der Schreckliche, lässt seinen schwarzen Zauberstab kreisen.
Im nächsten Augenblick ist er verschwunden. Der Alte hat viel zu tun. Parlis, Herrscher der Schlangen, hat um das neueste Giftrezept gebeten.
Und dann wartet Hexe Antras’ Zwillingsschwester Sasu auf ihn. Sasu lebt in den eisigen Bergen von Eiskah.
"Sie muss wohl ziemlich verzweifelt sein - oder Ärger haben. Niemals hätte sie mich sonst um Rat gebeten", kichert Magissimus boshaft.
"Nimm mir den Maulkorb ab und binde mich los, du Wicht!", knurrt Ploto, der Beißer. Petrusylius denkt nicht daran. Er mag Ploto nicht. Die riesigen scharfen Zähne der Kreatur sehen zum Fürchten aus. Dieses Tier sieht aus wie Dinosaurus-Rex in Kleinformat.
"Kein Wunder, dass die Elfen ihn fürchten", denkt der Junge mitleidig. Und dann freut er sich. Denn heute ist er Herr über Ploto. Ganz sicher wird er ihm nicht erlauben, die Elfen zu erschrecken. Oh, ja! Der Zauberlehrling hat ein gutes Herz. Und dieses Herz wird ihn daran hindern, das Handwerk der Scharlatane zu erlernen. Aber das weiß der junge Mann nicht. Noch nicht!
Unterdessen sitzt Magissimus vor einem prasselnden Kaminfeuer im Häuschen von Sasu. Sie klagt dem alten Zauberer ihr Leid. Ungeduldig hört ihr der Alte zu und denkt: "Weshalb redet sie nur so lange. Sie redet und redet und kommt nicht zur Sache. Weibergeschwätz! Ich habe sie längst verstanden. Aber ihre Giftkekse schmecken wirklich gut. Und der Krötenschleimlikör ist ein echter Zungenschmeichler!"
Magissimus räuspert sich. Ihm ist völlig egal, wo Antra geblieben ist.
Er mochte sie nicht. Schnell zaubert er seiner Stimme einen wohlmeinenden Klang: "Nun, nun meine Liebe. Da gilt es zu überlegen. Natürlich habe ich von diesem grässlichen Zauberpferd gehört. Auch mir ist es ein Dorn im Auge. Seit Tagen ist dieses Wesen auf dem Weg ins Elfental. Sobald es am ’Tor der Dämmerung’ steht, wird Eule Kassandra mir Bescheid geben. Ich weiß genau: Vereint sind auch die Bösen mächtig! Nur gemeinsam können wir dieses Menschen freundliche Zauberpferd und seinen Freund, König Peter, vernichten. Sobald das geschehen ist, wird deine Schwester Antra wieder auferstehen!"
Tagelang sind SternLicht und König Peter unterwegs. Das Elfental befindet sich am Ende der Welt. "Von dort ist es nicht weit zum Universum", sagt Miserie, der Rabe. Miserie, der frühere Hexensklave, ist glücklich, auch ein wenig stolz. Er allein darf SternLicht und Peter begleiten.
"Sirra und Mondlicht sind sehr zart. Solch eine weite Reise würde sie zu sehr anstrengen", erzählt der Rabe einer Elster. Erstaunlich! Die Elster fliegt seit ein paar Stunden mit Miserie durch die Wolken. Sie scheint kein bisschen Angst vor ihm zu haben.
"Sag mal, Elster! Hast du schlechte Augen? Erkennst du mich nicht? Ich bin ein Raubvogel. Also gefährlich für dich und deinesgleichen!"
"Ach, was, Rabe. Vor dir fürchte ich mich nicht. Ich bin eine Diebin, wie du weißt. Diebe haben gelernt, schnell zu sein. Und ehe du deinen Raubinstinkt geweckt hast, bin ich längst auf und davon", lacht der schwarzweiße Vogel.