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汉堡大学DSH考试样题
Gekommen um zu bleiben
Wenn sie einreisen, besitzen sie kein Visum. Sie reisen mit dem Schiff aus fernen Ländernoder wandern über die grüne Grenze. Oft kommen sie zufällig, meist bleiben sie zunächst imVerborgenen. Manche sind schnell wieder verschwunden: zu kalt, zu warm, zu anders ist eshier in Deutschland. Doch viele sind gekommen, um zu bleiben.
Waschbären in Hessen, Nandus in Mecklenburg-Vorpommern und Ochsenfrösche in Baden- Württemberg – diese Tiere haben eines gemeinsam: Sie sind Neozoen. So bezeichnenWissenschaftler Tierarten, die seit Beginn der Neuzeit unter vorsätzlicher oder unabsichtlicherMitwirkung des Menschen in ein Land gelangt sind, in dem sie nicht heimisch sind. Der Beginn dieser unfreiwilligen Tierwanderung über den Globus lässt sich nicht exaktdatieren. Als symbolisches Datum gilt das Jahr 1492. Kolumbus’ Reise nach Amerika steht für den Beginn des Artenaustausches über Länder und Meere hinweg: Er brachte zumBeispiel den Schiffsbohrwurm mit nach Europa.
Im Zuge der globalen Handelsbeziehungen wurden so manche Tiere zu Weltbürgern. Im Ballastwasser von Handelsschiffen legen einige Meeresbewohner Tausende von Seemeilen zurück. Auf diese Weise gelangte vor etwa 100 Jahren auch die chinesische Wollhandkrabbe nach Deutschland. Vor allem in der Elbe ist sie zu finden – sehr zum Leidwesen der Fischer. Das bis zu 30 Zentimeter große Schalentier zerschneidet nicht nur Fischernetze, sondern frisst auch noch die gefangenen Fische. Die Forderung, sie dorthin zurückzuschicken, wo sie hergekommen ist, ist illusorisch: „In den meisten Fällen ist es unmöglich, einmal eingeführte Arten ohne Schaden für die traditionelle Lebensgemeinschaft wieder auszurotten“, erläutert der Biologe Ragnar Kinzelbach, der seit Jahren als Professor am Institut für Biodiversitätsforschung der Universität Rostock die Veränderungen der Tierwelt erforscht.
Tiere, die so offenkundig nicht heimisch sind wie der Nandu – ein Straußenvogel, der in Südamerika zu Hause ist und sich in Mecklenburg-Vorpommern ausbreitet, seit im Jahre 2000 drei Pärchen aus einem Zuchtgehege ausbrechen konnten –, sorgen häufig für heftige Auseinandersetzungen zwischen Wissenschaftlern, Naturschützern, Landwirten, Jägern und Anwohnern. Dabei prallen Welten aufeinander: Während die eine Seite das heimische Ökosystem als statische Einheit betrachtet, das vor Eindringlingen geschützt werden muss, sieht die andere Seite die Veränderungen in Flora und Fauna als normal an. „Ein Ökosystem ist von Natur aus Dynamik pur“, meint auch Kinzelbach. Mitteleuropa und damit Deutschland sei schon seit Ende der letzten Eiszeit „ein totales Einwanderungsland“ gewesen. Die Tierwelt sei resistent und widerstandsfähig, da könne ein Neozoon wie der Nandu vermutlich nicht zu viel Schaden anrichten. „Erst wenn diese Vögel hier auf dem Campus in meiner Tasche nach Futter suchen, wird es lästig“, meint der Biologe.
Michael Kahlert vom Naturschutzbund (NABU) Hamburg steht dem Zuwachs neuer Tierarten ablehnend gegenüber. „Neozoen sind keine Bereicherung unserer heimischen Tierwelt“, betont er. Durch das Eingreifen des Menschen sei die heimische Tierwelt mittlerweile so verändert, dass neue Tierarten heimische Arten verdrängen könnten. „Es fehlen die früher in Deutschland ansässigen großen Raubtiere wie Braunbär, Wolf, Luchs.“ Heute gibt es in den deutschen Wäldern nur noch wenige Luchse und nur gelegentlich „besuchen“ Bären, aus Österreich kommend, den Süden Deutschlands. Versuche, den Wolf wieder anzusiedeln, scheitern meist am Widerstand der Bevölkerung. Diese ursprünglich heimischen Tiere will niemand gern zurück haben. „Darum fehlen den Neozoen Marderhund, Waschbär und Mink die natürlichen Feinde; so vermehren sie sich ungebremst“, so Kahlert. Diese neuen Tierarten stammen nämlich aus Zoos, privaten Züchtungen oder Haushalten und wurden, wie viele Neozoen, wissentlich und willentlich von Menschen ausgesetzt. Solchen Menschen fehle, so Kahlert, das Bewusstsein für einen respektvollen Umgang mit der Natur.
Biologe Kinzelbach plädiert dafür, nur einzelne Neozoen genauer zu beobachten und im Falle von Schäden rechtzeitig zu reagieren, zumal die meisten der etwa 1.500 in Deutschland ansässigen Neozoen unproblematisch seien. Einige könnten jedoch große Schäden verursachen. Landwirtschaftsschädlinge wie Reblaus, Kartoffelkäfer und Rote Spinnmilbe kosteten die Agrarindustrie sehr viel Geld.
Daneben gibt es noch eine weitere, kaum messbare Schadenskategorie: die psychosozialen Schäden durch Neozoen. „Viele Menschen fühlen sich nur sicher, wenn alles so bleibt, wie es ist“, erklärt Kinzelbach. „In einer globalisierten Welt, in der sich ständig alles zu verändern scheint, werden die Menschen unsicher, wenn plötzlich auch noch neue Tiere auftauchen.“ Dies führt immer wieder zu heftigen Debatten über die Bedrohung durch die tierischen Einwanderer. Je auffälliger die Neozoen, desto erbitterter der Streit.. In den meisten Fällen sei das jedoch „absurdes Theater“. Wichtig sei, zu entscheiden, „wie wir mit den Neozoen in Deutschland umgehen wollen“, sagt Kinzelbach. Denn eines ist sicher: „Diese Tiere sind hier und sie werden von sich aus auch nicht wieder gehen.“
Quelle: Campus-Magazin Injektion, Nummer 2, Hamburg, Sommer 2006, S. 82 ff
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Fragen und Aufgaben
1. Erklären Sie den Titel mit eigenen Worten im Zusammenhang des Textes!
(ca.1-2 Sätze)! 2 P.
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2. Formulieren Sie Überschriften für die 4 Abschnitte! 4 P.
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3. Definieren Sie mit eigenen Worten: Was ist ein Neozoon (ca. 1-2 Sätze)? 2 P.
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4. Auf welchen Wegen sind Neozoen nach Deutschland gekommen?
Nennen Sie drei in Stichworten! 3 P.
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5. Erläutern Sie mit eigenen Worten die zwei unterschiedlichen
Einstellungen zu Neozoen, die der Text nennt (ca. 3-4 Sätze)! 4 P.
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6. Erklären Sie den Ausdruck „psychosoziale Schäden durch Neozoen“
(ca. 1-2 Sätze)! 2 P.
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