德语小说阅读:海底两万里(3)
Bevor ich diesen Brief gelesen hatte, war ich ein Mensch mit normalen Wünschen und Ansichten. Doch jetzt fühlte ich mich berufen und erkannte, dass mein Lebenszweck von jetzt an die Verfolgung des Riesen-Narwals war.
"Conseil! Pack unsere Koffer!", rief ich meinen Diener. Er war ein liebenswürdiges fl?misches Phlegma und begleitete mich auf alle meine Reisen. Seine Tr?gheit war so ausgepr?gt, dass es ihm v?llig egal schien, ob wir nach China oder in den Kongo aufbrachen. Er war ausgeglichen, best?ndig und zuverl?ssig. Au?erdem wurde er niemals krank und hatte Nerven aus Stahl.
Intelligent konnte man ihn nicht nennen, aber er verfügte über eine unglaubliche F?higkeit. Er war Spezialist im Klassifizieren. Man konnte ihm ein Stichwort sagen und er betete s?mtliche St?mme, Gruppen, Unterabteilungen, Ordnungen, Familien, Gattungen, Untergattungen, Arten und Variet?ten herunter. Doch blickte er in ein Aquarium konnte er keinen Goldfisch von einem Guppy unterscheiden.
"Was geschieht mit der Sammlung von Monsieur?", fragte Conseil.
"Alles bleibt hier. Wir müssen rasch fort."
"Wie Monsieur beliebt!"
"Also h?r zu, mein Freund: Wir fahren mit der Abraham Lincoln…"
"Wie Monsieur beliebt."
"Es handelt sich um die Verfolgung des Riesen-Narwals…"
"Wie Monsieur beliebt."
"Es wird vielleicht… eine gef?hrliche Reise, von der nicht jeder wieder zurückkommt…"
"Wie Monsieur beliebt."
Im Kofferpacken war Conseil ebenso gut, wie im Klassifizieren. Ich zahlte die Hotelrechnung und gab den Auftrag meine zahlreichen Kisten nach Paris zu verfrachten.
Wenig sp?ter wurde ich an Bord der Abraham Lincoln dem Kommandanten Farragut vorgestellt und bezog anschlie?end meine Kabine, die im Heck lag und an den Offizierssalon grenzte.
Eine halbe Stunde sp?ter erschall das Kommando: "Leinen los!" Das Schiff l?ste sich langsam vom Kai und zog majest?tisch den Hudson entlang. An den Ufern standen zahllose Menschen und winkten mit Taschentüchern.
Farragut war ein tüchtiger Seemann, und hatte nicht die geringsten Zweifel an der Existenz des Narwals zu dessen Verfolgung er aufgebrochen war. Die Masten mit ihrem Takelwerk hingen voller Matrosen, was daran lag, dass Farragut eine Pr?mie von 2 000 Dollar für die erste Sichtmeldung ausgesetzt hatte.
Essen und Schlafen wurde für alle zur Nebensache. Nur Conseil fand das Unternehmen so gew?hnlich wie jedes andere.
An Deck waren die neuesten Waffen montiert - aber das Schiff besa? noch mehr: Den K?nig der Harpuniere namens Ned Land. Er war Kanadier, etwas vierzig Jahre alt, nahezu zwei Meter gro?, ernst, wortkarg, reizbar; kurz - ein Mann der Aufmerksamkeit erregte.
Mir gegenüber war Ned Land sehr aufgeschlossen, was vielleicht daran lag, dass ich Franzose war. So konnte er seinen Heimatdialekt benutzen. Sehr schnell wurden wir Freunde. Bei einem Gespr?ch, an einem prachtvollen Abend etwa drei Wochen nach unserer Abreise erkl?rte er mir, dass er an die Meeresungeheuertheorien nicht glaube.
Er hatte selbst so viele Seetiere erlegt, dass er die Existenz eines solchen Riesenwals für unm?glich hielt.
Doch meiner Ansicht nach geh?rte dieses Wesen zu den Wirbeltieren, Klasse der S?uger, Gruppe der Fischf?rmigen, Ordnung der Walfischartigen. Die Familie konnte ich nicht bestimmen, dafür musste das Untier erst zerlegt werden.
Um es zu zerlegen müsste es gefangen werden und um gefangen zu werden müsste man es harpunieren und harpunieren konnte man es erst, wenn man es sah und daran haperte es im Moment.