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德语读写辅导:Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

分类: 德语  时间: 2019-01-21 12:46:09  作者: 全国等级考试资料网 
Heinrich B?ll
In einem Hafen an einer westlichen Küste Europas liegt ein ?rmlich gekleideter Mann in seinem Fischerboot und d?st. Ein schick angezogener Tourist legt eben einen neuen Farbfilm in seinen Fotoapparat, um das idyllische Bild zu fotografieren: blauer Himmel, grüne See mit friedlichen schneewei?en Wellenk?mmen, schwarzes Boot, rote Fischermütze. Klick. Noch einmal: klick. Und da aller guten Dinge drei sind und sicher sicher ist, ein drittes Mal: klick.Das spr?de, fast feindselige Ger?usch weckt den d?senden Fischer, der sich schl?frig aufrichtet, schl?frig nach einer Zigarettenschachtel angelt; aber bevor er das Gesuchte gefunden, hat ihm der eifrige Tourist schon eine Schachtel vor die Nase gehalten, ihm die Zigarette nicht gerade in den Mund gesteckt, aber in die Hand gelegt, und ein viertes Klick, das des Feuerzeuges, schlie?t die eilfertige H?flichkeit ab. Durch jenes kaum messbare, nie nachweisbare Zuviel an flinker H?flichkeit ist eine gereizte Verlegenheit entstanden, die der Tourist - der Landessprache m?chtig - durch ein Gespr?ch zu überbrücken versucht."Sie werden heute einen guten Fang machen."Kopfschütteln des Fischers."Aber man hat mir gesagt, dass das Wetter günstig ist."Kopfnicken des Fischers."Sie werden also nicht ausfahren?"Kopfschütteln des Fischers, steigende Nervosit?t des Touristen. Gewiss liegt ihm das Wohl des ?rmlich gekleideten Menschen am Herzen, nagt an ihm die Trauer über die verpasste Gelegenheit."Oh, Sie fühlen sich nicht wohl?"Endlich geht der Fischer von der Zeichensprache zum wahrhaft gesprochenen Wort über. "Ich fühle mich gro?artig", sagt er. "Ich habe mich nie besser gefühlt." Er steht auf, reckt sich, als wolle er demonstrieren, wie athletisch er gebaut ist. "Ich fühle mich phantastisch."Der Gesichtsausdruck des Touristen wird immer unglücklicher, er kann die Frage nicht mehr unterdrücken, die ihm sozusagen das Herz zu sprengen droht: "Aber warum fahren Sie dann nicht aus?"Die Antwort kommt prompt und knapp. "Weil ich heute morgen schon ausgefahren bin.""War der Fang gut?""Er war so gut, dass ich nicht noch einmal auszufahren brauche, ich habe vier Hummer in meinen K?rben gehabt, fast zwei Dutzend Makrelen gefangen..." Der Fischer, endlich erwacht, taut jetzt auf und klopft dem Touristen beruhigend auf die Schultern. Dessen besorgter Gesichtsausdruck erscheint ihm als ein Ausdruck zwar unangebrachter, doch rührender Kümmernis."Ich habe sogar für morgen und übermorgen genug", sagt er, um des Fremden Seele zu erleichtern. "Rauchen Sie eine von meinen?""Ja, danke."Zigaretten werden in die Münder gesteckt, ein fünftes Klick, der Fremde setzt sich kopfschüttelnd auf den Bootsrand, legt die Kamera aus der Hand, denn er braucht jetzt beide H?nde, um seiner Rede Nachdruck zu verleihen."Ich will mich ja nicht in Ihre pers?nlichen Angelegenheiten mischen", sagt er, "aber stellen Sie sich mal vor, Sie führen heute ein zweites, ein drittes, vielleicht sogar ein viertes Mal aus, und Sie würden drei, vier, fünf, vielleicht gar zehn Dutzend Makrelen fangen - stellen Sie sich das mal vor."Der Fischer nickt."Sie würden", f?hrt der Tourist fort, "nicht nur heute, sondern morgen, übermorgen, ja, an jedem günstigen Tag zwei-, dreimal, vielleicht viermal ausfahren - wissen Sie, was geschehen würde?"Der Fischer schüttelt den Kopf."Sie würden sich sp?testens in einem Jahr einen Motor kaufen k?nnen, in zwei Jahren ein zweites Boot, in drei oder vier Jahren vielleicht einen kleinen Kutter haben, mit zwei Booten und dem Kutter würden Sie natürlich viel mehr fangen - eines Tages würden Sie zwei Kutter haben, Sie würden...", die Begeisterung verschl?gt ihm für ein paar Augenblicke die Stimme, "Sie würden ein kleines Kühlhaus bauen, vielleicht eine R?ucherei, sp?ter eine Marinadenfabrik, mit einem eigenen Hubschrauber rundfliegen, die Fischschw?rme ausmachen und Ihren Kuttern per Funk Anweisungen geben. Sie k?nnten die Lachsrechte erwerben, er Fischrestaurant er?ffnen, den Hummer ohne Zwischenh?ndler direkt nach Paris exportieren - und dann...", wieder verschl?gt die Begeisterung dem Fremden die Sprache.Kopfschüttelnd, im tiefsten Herzen betrübt, seiner Urlaubsfreude schon fast verlustig, blickt er auf die friedlich hereinrollende Flut, in der die ungefangenen Fische munter springen. "Und dann", sagt er, aber wieder verschl?gt ihm die Erregung die Sprache.Der Fischer klopft ihm auf den Rücken, wie einem Kind, das sich verschluckt hat."Was dann?" fragt er leise."Dann", sagt der Fremde mit stiller Begeisterung, "dann k?nnten Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne d?sen - und auf das herrliche Meer blicken.""Aber das tu’ ich ja schon jetzt", sagt der Fischer, "ich sitze beruhigt am Hafen und d?se, nur Ihr Klicken hat mich dabei gest?rt."Tats?chlich zog der solcherlei belehrte Tourist nachdenklich von dannen, denn früher hatte er auch einmal geglaubt, er arbeite, um eines Tages einmal nicht mehr arbeiten zu müssen, und es blieb keine Spur von Mitleid mit dem ?rmlich gekleideten Fischer in ihm zurück, nur ein wenig Neid.
aus: Heinrich B?ll, Werke, Band: Romane und Erz?hlungen 4, 1961-1970, S. 267-269. Kiepenheuer & Witsch Verlag, K?ln.

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